Schweigen ist Silber, Reden ist Gold

Der Rest ist Schweigen

Zitat aus „Hamlet“ von William Shakespeare

Ich war vor Kurzem auf einer Hochzeit und stieß dort auf folgenden Satz: „Ich finde es egoistisch, wenn 10.000 Menschen in Berlin demonstrieren gehen; sollen sie doch demonstrieren, aber bitte schön mit Maske.“ Es war die Hochzeit einer sehr guten Freundin von mir und der Satz stammte von einer ihr nahestehenden Verwandten. Auf meinen Einwurf: „Die Leute demonstrieren ja gegen die Corona-Maßnahmen, also eben gegen die Masken.“, schüttelte sie den Kopf und wiederholte dieses Verhalten sei egoistisch. Ein anderer Verwandter meiner Freundin fügte hinzu, dass ja viele lebensnotwendige OPs verschoben worden seien, doch auch das negierte die erstgenannte Verwandte, indem sie behauptete: „Lebensnotwendige OPs haben IMMER stattgefunden!“

In mir wuchs das dringende Bedürfnis eine Grundsatzdebatte mit dieser Frau zu beginnen, sie zu fragen, woher sie denn ihre Informationen habe oder sie zumindest darauf hinzuweisen, dass es Statistiken, Studien und damit Nachweise zu diesem Thema gäbe, die das Gegenteil belegen. Oder woher kommen die ganzen freien Intensivbetten, wenn doch alle lebensnotwendigen OPs stattgefunden haben? Oder haben wir etwa immer zig-tausende leerstehende Intensivbetten in Deutschland und was würde das wiederum über die Planungsfähigkeit unseres Gesundheitsministers aussagen?

Stattdessen sagte ich nichts. Ich vergegenwärtigte mir, dass eine meiner Freundinnen gerade geheiratet hattet, dass es ein wunderschöner Tag und eine liebevoll organisierte Feier war. Ich schluckte meinen Frust und auch meine Wut über diese Aussagen hinunter und schwieg – um des Lieben Friedens willen. Mein Kopf sagte: „Sei ruhig, fang keinen Streit an.“, doch mein Herz schrie: „Das ist nicht richtig! Rede mit ihr über die Fakten, diskutier mit ihr, sag ihr, dass du selbst auf der Demo warst, und dass dort nicht nur 10.000 Menschen waren! Und dass diese Menschen nicht egoistisch sind, sondern ihren Job, ihr Haus, ihre Existenz verloren haben, Angst um die Zukunft ihrer Kinder haben, weil sie in einer Welt voller Panik aufwachsen, weil sie vereinsamen oder depressiv werden oder sie nahestehende Menschen verloren haben. Und dass alles wegen der Corona-Maßnahmen. Wer ist hier also gerade egoistisch?!“

Mein Kopf gewann die Schlacht, doch den Krieg gewann mein Herz. Denn seit dem kurzen Einblick in die Denkweise dieser Frau, lässt mich diese Situation nicht mehr los. Ich denke immer wieder an die gefallenen Sätze und könnte mich ohrfeigen, dass ich nichts gesagt habe. Aber hätten meine Einwürfe und Argumente, diese Frau zum Umdenken gebracht? Vielleicht, doch ich gehe nicht davon aus. Viel wahrscheinlicher wäre es gewesen, dass wir aneinander und in einen Streit geraten wären. Damit hätte ich die Hochzeit meiner Freundin versaut und das verursacht, was derzeit die Corona-Politik in unserer Gesellschaft anrichtet: eine zunehmende Spaltung.

Die Sache ist doch die: Diese Frau spricht nicht für sich allein, sie spricht sogar für den Großteil der Bevölkerung, der die Corona-Maßnahmen der Politik für richtig und angemessen und Kritiker dieser Maßnahmen für egoistisch, unsolidarisch oder dumm hält (um nur die nettesten Bezeichnungen zu nennen). Also kam ich ins Grübeln und fragte mich, was passieren müsste, damit diese Frau ihre Meinung ändert. Die Antwort, die mir unmittelbar in den Sinn kam, war: die Quellen, die diese Frau die letzten Monate (wahrscheinlich Jahre) konsumiert hat, müssten ihr etwas anderes berichten. Die Tagesschau & Co. müssten ihr klar machen, dass im Moment nicht die Zahl der „Infizierten“ steigt, sondern die Anzahl der Test drastisch erhöht wurde und damit auch der Anteil an Falsch-Positiven-Testergebnissen in die Höhe geschossen ist. Da die Tagesschau jedoch nicht plötzlich anfangen wird, differenziert, wissenschaftlich und unvoreingenommen über die Corona-Politik zu berichten, ist diese Hoffnung jedoch wohl vergebens…

Wie also verhält man sich in solchen Situationen? Wie kann ich zukünftig reagieren, ohne das Gefühl zu haben, ich würde mich selbst verraten, wenn ich schweige obwohl ich reden sollte. Wie kann ich in einen Dialog mit Menschen treten, ohne in einen Streit zu geraten? Wie kann ich überzeugen, anstatt zu argumentieren? Nicht mehr argumentieren, dachte ich plötzlich. Wenn ich nicht diskutieren will, aber auch nicht schweigen kann, dann muss ich den Leuten etwas geben, was nicht zu diskutieren ist… wie meinen Namen zum Beispiel, über den hat schließlich auch noch niemand mit mir diskutiert…

Fortsetzung folgt

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